1 Jahr Maskenzwang – Streit ums Kindeswohl

Vor einem Jahr wurde in Deutschland eine Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen eingeführt. Mittlerweile wird um das Kindeswohl zwischen Familien- und Verwaltungsgericht gestritten. Es gab eine Hausdurchsuchung bei einem Richter wegen des Anfangsverdachts der Rechtsbeugung.

Zum Thema Corona folgt die Besprechung der Entscheidungen des Amtsgerichts Weimar, Beschluss vom 08.04.2021 – 9 F 148/21 und des Verwaltungsgericht Weimar,  Beschluss vom 20.04.2021 – 8 E 416/21 We.

In der ersten Empfehlung der Bundesregierung vor einem Jahr hieß es, gestützt auf das Robert Koch-Instituts (RKI), auch selbstgenähte Alltagsmasken, Tücher und Schals dienten als Schutz, da diese das Risiko von Infektionen des Coronavirus (SARS-CoV2)reduzieren.

Kinder sollten vorerst von der Maskenpflicht ausgenommen sein. Allerdings kam es zu Fällen in denen in Kindergärten und Grundschulen eigenmächtig den (Klein-)Kindern von den Leitungen oder von Einzelpersonen eine Mund-Nasen-Bedeckung ohne Einverständnis der Eltern aufgezwungen wurde. Es gab eine Vielzahl von Gerichtsverfahren, so zum Beispiel das eines Erwachsenen vor dem Verwaltungsgerichtshof Kassel, Beschluss vom 05.05.2020 – 8 B 1153/20 N,  der meinte, es verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), dass Kinder unter 6 Jahren im Gegensatz zu ihm keine Maske tragen müssten.

Hinsichtlich der Schulkinder überwogen anfangs die Urteile gegen eine Maskenpflicht, so u.a. das Verwaltungsgericht Gera mit Beschluss vom 05.05.2020 – 3 E 617/20 Ge.

Nach den Sommerferien 2020 konnten die Kinder endlich wieder regelmäßig die Schule besuchen (mit Maske/Schal/Tuch). Im Unterricht wurde vermehrt gelüftet und so die Tragedauer reduziert.

Auch hierbei kam es erneut zu einigen Übertreibungen, welche u.a. der Bayerische Verwaltungsgerichtshof  mit Beschluss vom 10.11.2020 – 20 NE 20.2349 anerkannt. Es ging darum, dass in einer Schule im Landkreis Starnberg die Kinder den gesamten Schultag ununterbrochen auch im Freien eine Maske tragen mussten, was als unverhältnismäßig angesehen wurde. Allerdings gab der Bayerische Verwaltungsgerichtshof dem klagenden Vater nicht Recht, sondern meinte die streitgegenständliche Verordnung müsse lediglich richtig ausgelegt werden; natürlich bestände das Recht auf  Maskenpausen. Schon der Deutsche Bundestag empfahl seinen Mitarbeitern wegen hoher CO2-Werte im Blut durch das Maskentragen schon nach 30 Minuten eine Tragepause.

Mit dem Beginn der „zweiten Welle“ wurden kurz vor den Weihnachtsferien flächendeckend Alltagsmasken und Schals aus den Klassenzimmern verbannt auch eine Tragepflicht auf den Schulhöfen verordnet. Dies führte zu dem absurden Ergebnis, dass der Unterricht ohne Maske in Winterjacke mit Mütze, Schal und Handschuhen stattfand, während auf dem Pausenhof (sog. Außenbereich in zahlreichen Verordnungen) die Maske durchgehend getragen wird.

Für mittlere und ältere Jahrgänge schlossen die Schulen wieder und blieben erneut über vier Monate auf Distanz.

Seit dem Ende der Osterferien gibt es zweimal wöchentliche Schnelltests für die Schulkinder. Ansonsten darf das Schulgelände nicht betreten werden.

Es kann mit Fug und Recht behauptet werden, kaum eine gesellschaftliche Gruppe unterliegt einem so dichten Netz von Coronasschutz-Maßnahmen wie unsere Kinder.

Das Netzwerk kritischer Richter und Staatsanwälte berichtete von einem „Paukenschlag von Weimar“. Das dortige Familiengericht habe die Rückkehr zur Normalität an Schulen angeordnet. Das Amtsgerichts Weimar, Beschluss vom 08.04.2021 – 9 F 148/21, und kurz darauf das Familiengericht Weilheim, Beschluss vom 13.04.2021 – 2 F 192/21, verboten den jeweiligen Schulleitungen, die Anordnung zum Tragen einer MundNasenBedeckung gegenüber den Schülern bzw. den betroffenen Kindern zu treffen.

Deutschlandweit wurden hunderte entsprechende Anträge gestellt. Über eine Klagewelle wurde berichtet. Gleichzeitig gab es wohl aber auch Strafanzeigen gegen den Familienrichter aus Weimar wegen Rechtsbeugung nach § 339 Strafgesetzbuch (StGB).

Mit der Entscheidungen des Verwaltungsgericht Weimar,  Beschluss vom 20.04.2021 – 8 E 416/21 We sahen bereits einige Eilmeldungen wiederum die Entscheidung des Familiengerichts als gekippt an. Tatsächlich hat das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass es den oben erwähnten Beschluss des Familiengerichts nicht nur für offensichtlich rechtswidrig erachtet. Darüber hinaus streites es dem Familiengericht, die Befugnis Anordnungen gegenüber Behörden und deren Vertretern zu treffe, ab. Es meint, die gerichtliche Kontrolle von Behördenhandeln so auch bei den derzeitgen Gesundheitsschutzmaßnahmen in den Schulen, obliegt allein den Verwaltungsgerichten.

Streitpunkt in dieser Sache hier ist insbesondere der Paragraph (§) 1666 Absatz 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dieser lautet:

In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

Das Verwaltungsgericht (VG) meint, bei Behörden und Schulen handelt es sich nicht um Dritte gegenüber den Kindern und Eltern.

In der Sache führt das VG aus und behauptet, dass Mund-Nasen-Bedeckungen und Gesichtsmasken nach den von der Mehrheit der Sachkundigen geteilten Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft, insbesondere nach den Einschätzungen des Robert-Koch-Instituts, auf die das Gericht mangels eigener Sachkunde zurückgreife, das zentrale Schutzinstrument seien.

Am 27.04.2021 wurde das Büro und die Wohnung des Familienrichters von der Staatsanwaltschaft durchsucht und dessen Handy beschlagnahmt.

Man könnte nun den Eindruck gewinnen, hier wird an der richterlichen Unabhängigkeit als Dritte Gewalt in einem Rechtsstaat nach dem Gesetzgeber (Erste Gewalt) und der Regierung (Zweite Gewalt – zu der auch die Staatsanwaltschaft zählt) gesägt, indem Richter:innen bei abweichenden Entscheidungen unabhängig vom Rechtsweg empfindliche Maßnahmen in Aussicht gestellt werden.

Nach dem Einzug des Konformismus in die Klassenzimmer sollen die Gerichtssäle folgen.

Da die, diesen Vorkommnissen zugrunde liegende, Entscheidung des Familiengerichts äußerst umfangreich ist, wird diese in unserem weiteren Blog hier ausführlich besprochen.

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