Gute Nachrichten für Arbeitnehmer vom Arbeitsgericht Berlin – Coronakrise grundsätzlich kein Grund zur Kündigung

Das Coronavirus wirkt(e) sich massiv auf viele Arbeitsverhältnisse aus. Hier bin ich anhand einiger Beispiele der Frage nachgegangen, ob trotz der Corona-Pandemie gearbeitet werden muss(te) und welche Konsequenzen bei nicht erbrachter Arbeitsleistung droh(t)en. Außerdem habe ich hier und hier zum Thema Heimarbeit/Home-Office/Telearbeit gebloggt. 

Nunmehr hat die Berliner Arbeitsgerichtsbarkeit in der Pressemitteilung Nr. 34/20 vom 18.12.2020 über Entscheidungen im Zusammenhang mit Corona informiert.

Die dort dargestellten Entscheidungen fielen grundsätzlich positiv für Arbeitnehmer aus.

In mehreren Entscheidungen hat das Arbeitsgericht Berlin geurteilt, dass weder ein bloßer Hinweis auf „Corona“, noch ein Umsatzrückgang aufgrund der Pandemie allein ausreichen, um das Arbeitsverhältnis kündigen zu können.

Kündigungsschutzgesetz

Das Kündigungsschutzgesetz schützt Arbeitnehmer im Falle seiner Anwendbarkeit vor Kündigungen. Ein mehr als sechs Monate bestehendes Arbeitsverhältnis kann ein Arbeitgeber in dessen Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer arbeiten grundsätzlich nur dann kündigen, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt. Als ordentliche Kündigungsgründe kommen eine verhaltensbedingte, eine personenbedingte oder eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht. Bei Kündigungen aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten infolge der Corona-Pandemie stellt sich die Frage, ob dies eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigt.

Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung

Nach der ständiger Rechtsprechung müssen folgende Voraussetzungen vorliegen, damit eine betriebsbedingte Kündigung wirksam ist:

Es muss eine unternehmerische Entscheidung getroffen worden sein, die zum Wegfall eines oder mehrerer Arbeitsplätze führt.

Außerdem müssen (dringende) Gründe vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen. 

Schließlich muss eine ordnungsgemäße Durchführung der Sozialauswahl erfolgt sein.

An die Gründe, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, werden hohe Anforderungen gestellt. Arbeitgeber müssen in einem Arbeitsrechtsstreit substantiiert darlegen und  beweisen können, warum eine bestimmte Entscheidung oder Entwicklung im Unternehmen zu einem dauerhaften Wegfall von Arbeitsplätzen führt. 

Außerdem muss eine betriebsbedingte Kündigung dringlich sein. Somit genügt es regelmäßig nicht, dass die wirtschaftliche Entwicklung schlecht ist oder ein Unternehmen vorübergehend weniger Aufträge erhält. Vielmehr sind betriebsbedingte Entlassungen regelmäßig erst dann zulässig, wenn Kündigungen tatsächlich unvermeidbar sind. Juristen bezeichnen dies als Ultima Ratio.

Urteile des Arbeitsgerichts Berlin

Hieran scheiterte die Kündigung des Arbeitgebers im vom Arbeitsgericht Berlin zum Aktenzeichen 38 Ca 4569/20 verhandelten Fall. Mit Urteil vom 5. November 2020 hielt das Arbeitsgericht Berlin fest, dass der Arbeitgeber anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen müsse, warum nicht nur eine kurzfristige Auftragsschwankung vorliege, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten sei. Werde im Betrieb Kurzarbeit geleistet, spräche dies gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf. Das Arbeitsgericht Berlin urteilte, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist.

Ähnlich begründete das Arbeitsgericht Berlin seine Urteile vom 25. August 2020 zu den Aktenzeichen 34 Ca 6664/20, 34 Ca 6667/20 und 34 Ca 6668/20. Die Erklärungen des Arbeitgebers, es habe einen starken Umsatzrückgang gegeben und man habe hierauf nicht anders reagieren können, als eine Anzahl von Kündigungen auszusprechen, sei keine ausreichende Begründung zur Rechtfertigung von betriebsbedingten Kündigungen. Das Arbeitsgericht Berlin urteilte auch in diesen Fällen, dass das jeweilige Arbeitsverhältnis durch die jeweilige Kündigung nicht aufgelöst worden war.

Fazit:

Die dargestellten Urteile des Arbeitsgerichts Berlin vom 25. August 2020 und vom 5. November 2020 entsprechen der ständigen arbeitsrechtlichen Rechtsprechung, wonach es grundsätzlich für eine betriebsbedingte Kündigung nicht ausreicht, dass die wirtschaftliche Entwicklung schlecht ist oder vorübergehend weniger Aufträge eingehen. 

Es bleibt jedoch insbesondere im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie abzuwarten, ob bzw. wann eine vorübergehende negative wirtschaftliche Entwicklung zum dauerhaften Auftragsrückgang führt und somit gegebenenfalls eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen kann.

Sollte es zu Schwierigkeiten im Arbeitsrechtsverhältnis kommen empfiehlt es sich, sich sowohl als Arbeitgeber, als auch als Arbeitnehmer aufgrund der häufig sehr kurzen Fristen zeitnah von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten und erforderlichenfalls vertreten zu lassen.

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