Gute Nachrichten für einen Corona Soforthilfeempfänger – schlechte für seinen Gläubiger

In der bisherigen Corona-Krise wurde nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums vom 26. Mai 2020 an Millionen Kleinunternehmen und Solo-Selbständige rund 12,6 Milliarden Euro an Soforthilfe ausgezahlt. Auch die Gerichte habe sich schon mit der Corona-Soforthilfe beschäftigt u.a. das Landgericht Köln.

Was war passiert?

Der Kunde eines Steuerberaters schuldete diesem seit mehreren Jahren Geld. Er konnte jedoch nicht zahlen und hatte ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) eingerichtet. Der Steuerberater hatte sich einen Zahlungstitel gegen seinen Kunden erstritten und auch dessen Konto „pfänden“ lassen. 

Der Kunde beantragte Corona Soforthilfen und erhielt diese in Höhe von 9.000 Euro auf seinem P-Konto gutgeschrieben. Der Soforthilfeempfänger beantragte gegenüber seiner Bank die Freigabe der Soforthilfen, um über das Geld verfügen zu dürfen.

Das Amtsgericht Bergisch Gladbach – Beschluss vom 8. April 2002 – 39  M 1232/17 – und das Landgericht Köln – Beschluss vom 23. April 2020 – 39 T 57/20 – haben zugunsten des Kunden entschieden. Der Steuerberater ging leer aus.

Wesentliche Argumentation des Soforthilfeempfängers

Der Soforthilfeempfänger behauptete u.a. dass, er die Corona-Soforthilfe für den laufenden Lebensunterhalt seiner Familie in den nächsten drei Monaten benötigen würde.

Wesentliche Argumentation des Steuerberaters

Der Steuerberater hatte u.a. vorgetragen, dass der Soforthilfeempfänger derzeit einen PKW der gehobenen Mittelklasse fahre. Außerdem hätte sein Kunde ihn schon längst bezahlen können. Der Kontoinhaber sei deshalb schon gar nicht mehr schutzwürdig.

Rechtliche Würdigung der Gerichte

Sowohl das Amtsgericht Bergisch Gladbach, als auch das Landgericht LG Köln entschieden zugunsten des Soforthilfeempfängers.

Sie kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Corona Soforthilfen um zweckgebundene Leistungen handele. Diese sein ausschließlich für die durch die Corona Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe zu nutzen. Eine Begleichung von Altschulden sei nicht im Sinne der Maßnahme. 

Vollstreckungsschutz des § 765a BGB

Gemäß § 765a Absatz 1 Satz 1 BGB kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldners eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme u.a. aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.

Wie sich aus diesem langen Text ergbit, sind die Anforderungen des § 765a Absatz 1 Satz 1 BGB besonders hoch. Trotzdem bejahten im Ergebnis beide Gericht, dass eine Pfändung der Soforthilfe im vorliegenden Fall, unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Soforthilfeempfängers wegen ganz besonderer Umstände eine nicht mit den guten Sitten vereinbare Härte für diesen bedeuten würde. Folglich blieb es bei der durch das Amtsgericht beschlossenen Freigabe des Betrags in Höhe von 9.000 Euro an den Soforthilfeempfänger. 

Fazit

Es handelt sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung die die Pfändung eines Altgläubigers aus der Zeit vor der Corona-Pandemie betraf. Es bleibt abzuwarten, ob Banken aufgrund der Entscheidungen Soforthilfezahlungen auf P-Konten freigeben werden oder ob der Rechtsweg bestritten werden muss. Das Landgericht Köln wies unter anderem daraufhin, dass eine Pfändung zugunsten von aktuellen – von den Corona Soforthilfen geschützten – Vermietern, Leasinggebern oder Lieferanten des Schuldners möglicherweise erfolgen könnte. Es bleibt spannend, wie sich die Rechtsprechung im Zusammenhang Corona Soforthilfen entwickeln wird. Sollten Sie davon ausgehen, dass Ihnen gegenüber ergangene Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unrechtmäßig sind oder Ihnen im Rahmen von Corona Soforthilfen Unrecht widerfahren ist, ist es ratsam, sich zeitnah von einem erfahrenen Anwalt beraten und erforderlichenfalls vertreten zu lassen.

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