Wein, Bedarf des täglichen Überlebens

Beschluss des Verwaltungsgericht Aachen vom 03.04.2020 – 7 L 259/20

Vor dem Verwaltungsgericht Aachen erhielt ein Weinhändler Recht, der sich gegen die angeordnete Betriebsschließung seines Geschäfts stellte. Er darf seinen Weinfachhandel trotz Corona-Pandemie nun wieder eröffnen. Gegner war die Stadt Aachen.

Hintergrund der Fragestellung, welcher sich das Gericht stellen musste, ist, ob der Begriff „Lebensmittel“ einschränkend oder umfassend zu verstehen ist. Kurzum: Gehört Wein zum täglichen Bedarf ?

Wein ist unstreitig ein Genussmittel. Bereits vor 7000 Jahren sollen die Menschen an den Südhängen des Kaukasusgebirges wilden Wein kultiviert und gekeltert haben. Die Alten Griechen hielten den Gott Dionysos, welcher aus dem Balkan kam, für den Schöpfer des Rebensaftes. Wein stellte von je her ein bedeutendes Wirtschaftsgut dar. Im Alten Rom trank man für gewöhnlich eher einen mit Wasser verdünnten Wein als pures Wasser. Der enthaltende Alkoholgehalt soll sogar die Wasserqualität verbessert haben. Bei den berüchtigten Festgelagen jener Zeit wurde mit der Weitergabe des Weingefäßes an eine bestimmte Person die Wertschätzung ausgedrückt. Wein findet von je her Verwendung in der Medizin und bei religiösen Praktiken. Jesu reichte den Jüngern beim letzten Abendmahl, woran am Gründonnerstag gedacht wird, den Weinkelch.

Genussmittel sind Lebensmittel.

Die Corona-Schutzverordnung für Nordrhein-Westfalen erlaubt derzeit nur den Verkauf von Waren, die der Versorgung der Bevölkerung mit Artikeln des Grundbedarfs dienen, so dass Oberverwaltungsgericht für das Land Nordhrein-Westfalen in einer Parallelsache.

Hierbei ist selbstverständlich in erster Linie an dringend erforderliche Lebensmittel des täglichen Bedarfs zu denken.

Denn weiterhin gelte die Risikoeinschätzung des Robert Koch-Instituts, dass durch das Coronavirus ohne wirksame Gegenmaßnahmen eine gravierende Überlastung des Gesundheitswesens drohe. Um einer weiteren Ausbreitung entgegenzuwirken, sei die Reduzierung direkter persönlicher Kontakte erforderlich.

Hierzu gehört die Einschränkung nicht notwendiger Kundenkontakte im Einzelhandel und damit die Betriebsschließung der allermeisten Geschäfte. Finanzielle staatliche Hilfen für betroffene Einzelhändler und die Möglichkeit des Versand- oder Abholungshandels ließen deren betroffenes Berufsfreiheitsrecht hinter das überragende Gemeinwohlinteresse am Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems zurücktreten. Die Verordnung, welche die Betriebtsuntersagung anordne, läuft am 19.04.2020 aus.

Zwischenzeitlich hat das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales aber klargestellt, dass der auszulegende Begriff „Lebensmittel“ nicht nur die Grundversorgung mit dem Allernötigsten bedeutet.

Auch Einzelhandelsgeschäfte für Genussmitel könnten durch Einhaltung strenger Hygieneanforderungen als Lebensmittelläden gelten.

Gegen den Beschluss kann die Stadt Aachen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster einlegen.

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