Das Ende der Lindenstraße zieht Kündigungsschutzprozesse nach sich

(Betriebsbedingte) Kündigungen der Produktionsfirma der Lindenstraße gegenüber vier Mitarbeitern wurden vom Arbeitsgericht Köln für wirksam erachtet.

Das Ende der Lindenstraße, der seit 1985 gezeigten ersten deutschen Seifenoper, hat seit dem Bekanntwerden hiervon im November 2018 für ein großes Medienecho gesorgt. Die letzte Folge soll im März 2020 ausgestrahlt werden. Der entsprechende Produktionsvertrag zwischen der ARD und der Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion wurde seitens des Fernsehsenders nicht verlängert.

Eine Folge dessen ist unter anderem, dass auch die Arbeitsverträge einiger Mitarbeiter enden, weil die Produktionsfirma (betriebsbedingte) Kündigungen ausgesprochen hat. Einige Mitarbeiter haben sich hiergegen gewehrt und Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Köln erhoben.

Von einer betriebsbedingten Kündigung spricht man, wenn das Arbeitsverhältnis deshalb vom Arbeitgeber gekündigt wurde, weil der Arbeitnehmer aufgrund von betrieblichen Erfordernissen nicht weiterbeschäftigt werden kann. Grundlage hiervon ist eine unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers. Dieser kann oder will seinen Betrieb nicht mehr mit der bisherigen Personalstärke fortführen. 

Die Voraussetzungen von betriebsbedingten Kündigungen ergeben sich aus § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Hiernach sind von den Arbeitsgerichten drei Dinge zur Rechtmäßigkeit einer betriebsbedingten Kündigung zu prüfen:

  1. Das Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung, die zum Wegfall eines oder mehrerer Arbeitsplätze führt.
  2. Die sog. fehlende anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit. Also Gründe, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in dem Betrieb des Arbeitgebers entgegenstehen.
  3. Die ordnungsgemäße Durchführung der Sozialauswahl.

Sofern ein ganzer Betrieb geschlossen wird, hat der Arbeitgeber regelmäßig gute Chancen etwaige Kündigungsschutzprozesse zu gewinnen. Die Gründe hierfür liegen in unserer Rechtsordnung und der in dieser geltenden Privatautonomie. Grundsätzlich soll jeder das Recht haben seine privaten Rechtsverhältnisse nach seinem eigenen Willen zu gestalten. Somit soll auch jeder Arbeitgeber generell frei entscheiden können, ob er seinen Betrieb nicht mehr oder nicht mehr mit der bisherigen Personalstärke fortführen möchte. Häufig führen jedoch auch wirtschaftliche Entwicklungen dazu, dass Arbeitgeber ihren Betrieb nicht wie ursprünglich geplant fortführen können. Beides ist jedoch nur eingeschränkt justiziabel, weil es einerseits nicht Aufgabe der Arbeitsgerichte ist, den freien Willen des Arbeitgebers zu überprüfen sowie zu bestimmen. Andererseits würde eine solche Kontrolle auch den Arbeitgeber erheblich in seiner Willensausübung beeinträchtigen und in letzter Konsequenz zum Zwang einer Fortführung des Betriebs gegen den Willen des Arbeitgebers und damit zu planwirtschaftlichen Tendenzen führen. Deshalb sind unternehmerische Entscheidungen von den Arbeitsgerichten grundsätzlich nur in Bezug auf Willkür zu überprüfen. Ob es sich bei der Betriebsschließung um eine gute und/oder sinnvolle Entscheidung handelt, wird regelmäßig nicht geprüft. 

Sofern der Arbeitgeber seinen ganzen Betrieb schließt, ist regelmäßig auch die fehlende anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit zu bejahen. Außerdem ist in diesem Fall auch regelmäßig keine Sozialauswahl durchzuführen. 

In der Praxis werden jedoch häufig nur bestimmte Teile eines Betriebes geschlossen, so dass die fehlende anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit und die möglicherweise fehlhafte durchgeführte Sozialauswahl diverse Angriffspunkte der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess bieten.

Gegen die Kündigungen der Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion KG haben nach übereinstimmenden Medienberichten elf Mitarbeiter geklagt. Die ersten vier Klagen hat das Arbeitsgericht Köln (Urteile vom 14. August 2019 – Az.: 2 Ca 2698/19; und vom 18. September 2019 – Az.: 2 Ca 2696/19 – Az.: 2 Ca 2697/19 – Az.: 2 Ca 2699/19) mittlerweile abgewiesen.

Die Arbeitnehmer hatten sich auf den Standpunkt gestellt, dass ihre Kündigungen unwirksam seien, weil der Arbeitgeber unter anderem ihrer Kenntnis nach im kommenden Jahr eine andere Serie produzieren würde, bei der sie auch eingesetzt werden könnten. Überdies seien ihre befristeten Arbeitsverhältnisse aufgrund ihrer Anzahl und Dauer unwirksam.

Das Arbeitsgericht ist dem nicht gefolgt. Es ging davon aus, dass die Kündigungen aus betrieblichen Gründen und damit berechtigt erfolgt sind. In der Pressemitteilung 2/2019 des Arbeitsgerichts Köln wird dies damit begründet, dass die Mitarbeiter von der Produktionsfirma nicht mehr beschäftigt werden könnten, weil die Produktion der „Lindenstraße“ eingestellt werde. Es würde nicht darauf ankommen, ob die Beklagte in Zukunft eine neue Serie produzieren würden, weil sich die Arbeitsverträge einerseits auf die Produktion „Lindenstraße“ beziehen würde. Anderseits seien zum Zeitpunkt der Kündigungen jedoch auch keine konkreten freien Arbeitsplätze absehbar gewesen.

Die Kläger können sich gegen die Urteile wehren, indem sie Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Köln einlegen. 

Die Entscheidungen des Arbeitsgerichts Köln sollen demnächst in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE unter Eingabe der Aktenzeichen aufgerufen werden können. Zur Zeit der Erstellung dieses Blogs, war dies noch nicht der Fall.

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